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![]() Von Taras VozniakProvokationen der Swoboda-Partei und demokratische Bewegung in der UkraineDrei Abgeordnete mit parlamentarischer Immunität,
Mitglieder der rechten Swoboda-Partei Ihor Miroschnytschenko, Andrij Illenko
und Bohdan Benjuk beschlossen am 18. März, den Chef Nationaler Fernsehgesellschaft
der Ukraine Oleksandr Pantelejmonow zur Kündigung zu zwingen. Pantelejmonow ist für massive
Informationsmanipulationen rund um Euromaidan zu Janukowytschs Amtszeiten bekannt.
Drei Wochen lang war er krankgeschrieben und versteckte sich dadurch vom gerechten
Zorn. Der Auslöser für die Wut der Angeordneten der
Swoboda-Partei war nach ihren eigenen Aussagen die für die Ukraine
demütigende Übetragung live aus Moskau der pompösen Zeremonie
der Unterzeichnung des Vertrags über den Anschluss der Krim an Russland im
„Ersten Nationalen“ Fernshekanal. Die „Aktion des Zwangs zum Rücktritt“ filmte der
Swoboda-Aktivist Oleksandr Aronez und sendete online im eigenen von Swoboda
eingerichteten Internetkanal svoye.tv. Der
„Zwangs zum Rücktritt“ wurde äußerst brutal ausgeführt und
mit persönlichen sowie von nationalitätsbezogenen Beleidigungen und
Schubsen begleitet. Der Swoboda-Abgeordnete Ihor Miroschnytschenko nannte
Pantelejmonow einen „Moskal“ (abwertend Moskowiter) und warf ihm permanente
Lügen während des Euromaidans vor. Dieser
willkürliche Lustrationsversuch seitens des Swoboda-Abgeordneten
sorgte landesweit für eine Explosion von Entrüstung sowohl bei
Anhängern, als auch bei Gegnern der neuen Regierung. Praktisch die ganze Gesellschaft verurteilte diesen
Exzess als Provokation und „Dolchstoss in den Rücken der ukrainischen
Revolution“. Der ukrainische Premierminister Arsenij Jazenjuk verurteilte
blitzschnell die Provokation von Swoboda-Abgeordneten: „Es ist nicht unser
Stil. Das Land auf dem Weg zur Europäischen Union wird sich in der Tat zu
den Werten europäischer Gemeinschaft bekennen… Und die Arbeit der
Nationalen Fernsehgesellschaft soll vom Ministerkabinett aufgrund geltender
Gesetze ausgewertet werden.“ Der ukrainische Innenminister erklärte sich sofort
bereit, den Fall nachzugehen. Der Generalstaatsanwalt Oleh Machnizkyj – übrigens
auch ein Swoboda-Mitglied – erklärte sich auch zur objektiven Untersuchung
ohne politischen Hintergrund bereit. In Bezug auf diesen Fall wurde ein Strafverfahren
eingeleitet. Sogar der Parteivorsitzende von Swoboda Oleh Tjahnybok
kritisierte das Benehmen von Miroschnytschenko gegenüber Pantelejmonow. In
diesem Zusammenhang sei Miroschnytschenko bereit, auf die parlamentarische
Immunität zu verzichten und vor Gericht zu erscheinen. So sind die Tatsachen. Aber viele Fragen an Swoboda-Abgeordnete und die Politik
der Partei im Ganzen bleiben offen. Die ukrainische Gesellschaft nahm diese Aktion eindeutig
als einen Versuch wahr, die durch die Krim-Annexion verursachte Empörung
zu schwächen. An diesem Abend sollte eigentlich in allen
Fernsehkanälen Putins Annexion diskutiert werden. Aber das hineingeworfene
Skandalvideo mit Pantelejmonow relativierte den Informationskontext. Dabei werden auch Putins Worte bestätigt, dass die
Macht in Kiew „Faschisten“ usurpierten. Es werden auch faschistische
gewalttätige Methoden angewendet. Ähnliche Lustrationsversuche lassen
auch von der Machtusurpation reden. Der Begriff Lustration wird diskreditiert. Es wird auch versucht, die Ukraine auf dem Weg zur
Unterzeichnung des Assoziierungsabkommens mit der EU oder bei Hilfeaufrufen an
NATO und andere internationale Organisationen zu hindern. Diese Provokation
wird von Infokriegsexperten als eine
geplante Aktion angesehen. Aber nicht alle Beteiligten müssten davon
unbedingt Bescheid wissen. Die Swoboda-Partei, wie alle geschlossenen rechten
Parteien in postsowjetischen Ländern wurde entweder von Geheimdiensten
gegründet oder wird von deren Agenten teilweise oder vollkommen kontrolliert. Diese Gruppen werden dementsprechend für die
Lösung politischer Aufgaben dritter politischer Interessenten ausgenutzt.
Sie werden hauptsächlich für die Diskreditierung ihrer politischen
Rivalen eingesetzt. Die Swoboda-Geschichte hat in dieser Hinsicht lange
Wurzeln. Der erste spekulative Skandal war die Diskreditierung des
Parteibündnisses, welches die Orangene Revolution 2004 auf die Beine
stellte und Wiktor Juschtschenko als einen Präsidentschaftskandidaten unterstützte.
Während der Wahlkampagne im Sommer 2004 rief das damalige Mitglied der
Nascha-Ukraina-Fraktion Oleh Tjahnybok auf dem Jaworyna-Berg auf, „die Ukraine
endlich den Ukrainern zu überlassen… gegen Moskals, Deutsche, Judentum und
sonstiges Gesindel zu kämpfen…“ All das passierte vor laufenden Kameras
und wurde maximal für die Diskreditierung der Orangenen Revolution
ausgenutzt. Oleh Tjahnybok wurde aus der Nascha-Ukraine-Fraktion für
ausländerfeindliche Aussagen ausgeschlossen. Danach startete Swoboda ihre
selbständige politische Karriere. 2010 gab es einen weiteren Skandal „vor laufenden
Kameras“, diesmal mit Beteiligung von Iryna Farion, dem Mitglied des
politischen Rates von Swoboda. Im Rahmen der Kampagne „Mehr Engagement für
die Landessprache“ besuchte sie einen Kindergarten in Lemberg und versuchte,
den russischsprachigen Kindern zu „erklären“, wie man richtig ihre Namen
auf Ukrainisch ausspricht. In diesem Gespräch mit Kleinkindern verurteilte sie „die Russifizierung ukrainischer
Namen”. Und natürlich passierte es rein „zufällig“ vor laufenden
Fernsehkameras. Am selben Tag wurde dieser Beitrag ins Internet gestellt und in
allen russischen Fernsehkanals zur Bestätigung totaler Ausländerfeindlichkeit ukrainischer Opposition ausgestrahlt. Einer der gängigen Trends zur Diskreditierung der Opposition wurden
jährliche Fackelzüge im Neonazistil. Am 1. Januar 2014 organisierte
die Swoboda in Kiew einen Aufmarsch, den russische Medien als einen Beweis des
„Faschismus“ in der Ukraine dokumentierten. Visuell ähnelte sich dieser
Fackelzug wirklich den Naziaufmarschen der 30er Jahre. Die Bitten anderer
Oppositioneller, auf diese Maßnahme zu verzichten, sind ungehört
geblieben. Jemand „bestellt“ ihn, und er fand statt. Das Bild im Fernsehen
wurde gewährleistet. Eine weitere Provokation von Swoboda war die Initiative zur Aufhebung des
skandalösen Sprachengesetzes, das von Janukowytschs Führung für
die Vernichtung der ukrainischen Sprache verabschiedet wurde. Aber es passierte
am ersten Arbeitstag des Parlaments nach der Flucht von Wiktor Janukowytsch, am
23. Februar 2014. Die meisten Experten halten es für eine bewusste
Provokation, die südliche und östliche Regionen der Ukraine
„sprengen“ sollte. So passierte es auch. Der amtierende ukrainische
Präsident Oleksandr Turtschynow legte gegen die Aufhebung dieses Gesetzes
ein Veto ein. Allerdings vergeblich. Diese Provokation ist einer der
Beweggründe zur Rechtfertigung der Krim-Annexion. Politische Experten sehen
darin „einen Auftrag des Kreml“. Es ist nur ein Teil der Inszenierungen, welche von Swobodas Agenten und
Aktivisten umgesetzt werden, die keine Ahnung haben, worum es geht. Der Skandal mit Pantelejmonow ist nur ein Bestandteil der Kampagne zur
Diskreditierung ukrainischer Freiheitsbewegung, ausgeführt im Auftrag der
zynischen Swoboda-Oberschicht. Hätte Swoboda nicht zur Regierungskoalition
gehört, wäre es halb so schlimm. Diese Partei gehört an die
Peripherie des politischen Lebens. Und bald wird sie auch dort sein. Aber
momentan hat sie ein breites Feld für politische Provokationen. Eine
dieser Provokationen war eben „der Zwang Pantelejmonows zum Rücktritt“. Leider. Die ukrainische Gesellschaft soll diese Abnormität
erkennen, überleben und überwinden. Die neue Regierung geht in diese
Richtung. Aber bestimmte Exzesse sind nicht ausgeschlossen. Häufig sind es
„Exzesse im Auftrag“. 19.
März 2014
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