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Deutschland drängt zum Krieg und zerstört seine Zukunft in der Ukraine. Das muss aufhören

This article is an editorial, meaning that it is signed and supported by all of our journalists. The European Pravda publishes such articles only when Ukraine finds itself in decisive circumstances. Due to the special nature and importance of the article we publish it also in German, in addition to the Ukrainian and English version.   

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Am Samstag, dem 22. Januar, standen die ukrainisch-deutschen Beziehungen am Rande einer Katastrophe, die jedoch - auf den ersten Blick - verhindert werden konnte. Auf Drängen der Verteidigungsministerin hat der Inspekteur der deutschen Marine, Kay-Achim Schönbach, am Abend ein Rücktrittsgesuch geschrieben und muss nun den Militärdienst verlassen.

Es sei daran erinnert, dass Vizeadmiral Schönbach während einer Reise nach Indien die Welt öffentlich dazu aufgerufen hatte, Putin zu respektieren. Er äußerte die Überzeugung, dass die Annexion der Krim unumkehrbar ist, und er sprach sich gegen den Beitritt der Ukraine und Georgiens zur NATO aus. Kurz gesagt, er hat viele Dinge gesagt, die der offiziellen Position Berlins widersprechen. Dies führte zu einer regelrechten Explosion in den Medien - mit einer Erklärung des Außenministeriums und der Einbestellung der Botschafterin und so weiter.

Das Bundesverteidigungsministerium beschränkte sich zunächst auf zurückhaltende Stellungnahmen, doch als das Informations-Feuer schon loderte und auf die deutschen Medien übergriff, wurde die Personalentscheidung nicht weiter hinausgezögert.

Für die Bundesregierung war am Ende nicht nur der Inhalt des Gesagten ein Problem, sondern auch die Tatsache, dass sich der Vizeadmiral grundsätzlich ranmachte, politische Äußerungen abzugeben, was sich für einen Militär nicht schickt.

Aber jetzt gibt es eine neue Gefahr.

In Berlin glaubt man, dass die schnelle und harte Bestrafung des Inspekteurs der Marine das Problem löst und die öffentliche Empörung in der Ukraine beruhigen wird. Dies ist jedoch nicht der Fall. Die schandvolle Geschichte mit dem Vizeadmiral war nicht Ursache, sondern nur Anlass, und er reiht sich in die Nachrichten der letzten Tage und Wochen ein, die aus Deutschland und über Deutschland kamen.

Schönbach hat die Situation auf eine ganz neue Ebene gehoben, indem er offen gesagt hat, was er denkt (und wahrscheinlich das, was viele andere Amtsvertreter denken).

Die Zeitung "Jewropejska Prawda" (Europäische Wahrheit) möchte betonen: Das, was passiert, gefällt uns überhaupt nicht, weil ein solches Szenario sowohl gegen deutsche als auch ukrainische Interessen ist. Dieses Editorial ist ein Versuch, Berlin zu vermitteln, wie ernst die Lage ist.

Wir wissen, dass die Bundesregierung viel getan hat, um die Demokratie in der Ukraine zu fördern, indem sie Reformen wie die Dezentralisierung unterstützt hat. Wir wissen, dass Deutschland ukrainischen Soldaten, die während des Krieges mit Russland verwundet wurden, humanitäre Hilfe leistete.

Wir sind uns der führenden Rolle Deutschlands bei der Verhängung sektoraler EU-Sanktionen gegen Russland im Jahr 2014 und der Aufrechterhaltung des Sanktionsdrucks bewusst (auch wenn man die Augen vor der Tatsache verschließt, dass diese Sanktionen nach der Tötung von mehr als 200 EU-Bürgern, Passagieren des Flugs MH17 verhängt wurden, während die Anzahl der bis dahin getöteten Bürger der Ukraine nicht einmal zu Gesprächen über Sanktionen geführt hatten).

Immerhin gibt es in Kyjiw eine wunderbare Botschaft, die sich der ukrainisch-deutschen Freundschaft verschrieben hat.

Für die Gesellschaft hat jedoch etwas anderes tatsächliches Gewicht. Deutschland wird in erster Linie als ein Staat wahrgenommen, der:

- den Verkauf seiner Waffen verbietet, um die Integrität der Ukraine zu schützen;

- die Lieferung von Waffen seitens anderer Partner blockiert, dabei NATO-Mechanismen missbraucht und damit die Verteidigungsfähigkeit der Ukraine untergräbt;

- den Fortschritt der Ukraine in Richtung einer NATO-Mitgliedschaft blockiert;

- Nord Stream 2 gebaut und damit Russland die Möglichkeit geben hat, die Ukraine anzugreifen, ohne dass dies die EU übermäßig bedrohen würde

Kurzum: Deutschland wird in der Wahrnehmung der Ukrainer zunehmend zum Komplizen eines Aggressors.

Dies klingt hart für Berlin, aber dies ist wahr.

Und das ist eine echte Katastrophe, die immer tiefere Folgen haben wird.

Wir betonen, dass wir gerade die öffentliche Wahrnehmung erläutern, zu der die Berliner Politik eindeutig und alternativlos führt.

Zugespitzt und bestätigt wird sie durch Äußerungen von Politikern und Beamten - von Schönbach bis Söder, auf die das ukrainische Außenministerium jedes Mal reagieren muss. Verstärkt wird dies noch umso mehr durch die besondere Haltung Deutschlands gegenüber Russland, aber nicht gegenüber der Ukraine, in allen Bereichen, einschließlich der historischen Erinnerung und der Politik der Reue für die Verbrechen des Nationalsozialismus. Unser Land, das während des Zweiten Weltkriegs etwa ein Viertel seiner Bevölkerung verloren hat, wird von Berlin in diesem Sinne als zweitrangig betrachtet und man konzentriert sich aus irgendeinem Grund nur auf Russland.

Nicht umsonst steht Nord Stream ganz am Ende der Liste des Berliner Vorgehens mit katastrophalen Folgen. Und nicht umsonst haben wir uns ausschließlich auf die Sicherheitskomponente konzentriert, denn jetzt geht es um die langfristigen Folgen und das Deutschlandbild, dessen Umrisse sich gerade jetzt neu herausbilden.

Ja, wir wissen, dass die deutsche Politik, keine Rüstungsgüter zu liefern, in den tragischen Ereignissen des letzten Jahrhunderts wurzelt und dass Berlin damit versucht, den Vorwurf der Beteiligung an Konflikten in der Welt zu vermeiden (Berlins Hinweis auf die Notwendigkeit, durch die Teilnahme am toten Normandie-Format Neutralität zu wahren, ist nur ein Vorwand, an den niemand glaubt).

Tatsächlich aber hat die deutsche Politik genau das Gegenteil zur Folge: Sie wird Konfliktpartei und das auf der Seite des Aggressors. Darüber hinaus erinnert dies in gewissem Maße an die Ereignisse von 1939, als der "Nichtangriffspakt" zwischen Berlin und Moskau ein Schritt war, der in eine globale Tragödie führte.

Deutschland dürfte vor ernsthaften und langfristigen Imageproblemen stehen. Und in unserer Zeit hat ein Image auch einen monetären Wert. Denn bei allen aktuellen Schwierigkeiten der Ukraine sind wir ein Land mit 40 Millionen Menschen im Herzen Europas, reich an Bodenschätzen und mit einer gebildeten Bevölkerung und so weiter.

Das Image eines Unterstützers der Aggression gegen die Ukraine entstehen zu lassen, ist für Berlin eine tödliche Entscheidung, die so schnell wie möglich überdacht werden muss.

Schließlich sprechen wir über Folgen, die über Jahrzehnte andauern werden.

Zwischen Staaten auf einem Kontinent gibt es oft Reibungen und Streitigkeiten, Höhen und Tiefen in den Beziehungen, und Gesellschaften neigen oft dazu, sowohl die gute als auch die schlechte Vergangenheit zu vergessen.

Aber es gibt eine Ausnahme: Und zwar Krieg. Kriege hinterlassen in Nationen auf lange Zeit einen "genetischen Code", die Trennung zwischen "Freund und Feind", was dann nur sehr langwierig und schmerzhaft zu korrigieren ist.

Genau so ein genetischer Code bildet sich jetzt während der russischen bewaffneten Aggression gegen die Ukraine heraus - wo es solche gibt, die uns unterstützen, und andere, die die Unterstützung blockieren und die Sicherheit untergraben, indem sie dem Aggressor helfen.

Hervorzuheben ist, dass nicht nur die ukrainische Gesellschaft empört ist über die Linie, die schon die frühere deutsche Regierung verfolgt hatte, und die jetzige wagt es nicht, sie zu ändern. Die ganze Welt hat die Routen britischer Flugzeuge mit Waffen für die Ukraine gesehen, die demonstrativ deutsches Territorium umflogen haben, um zu vermeiden, einen Verbündeten um Transit  zu bitten. Das Gewicht dieses öffentlichen Akts des Misstrauens scheint in Berlin erneut unterschätzt worden zu sein.

Für uns, wie auch für ukrainische Journalisten und Experten, sind jedoch die ukrainisch-deutschen Beziehungen von besonderer Bedeutung, die eine Basis dafür haben, gut zu sein, aber Gefahr laufen, sich in Beziehungen zwischen einem Opfer und einem Unterstützer des Aggressors zu verwandeln.

Deutschland, das sich immer noch in einer Phase des Regierungswechsels befindet, hat heute die einmalige Gelegenheit, dies zu ändern. Die neue deutsche Koalitionsregierung kann ihre Politik der Unterstützung einer Aggression gegen die Ukraine noch grundlegend ändern.

Geschieht dies nicht, wird die ukrainische Gesellschaft leider die unvermeidliche Schlussfolgerung ziehen: Marineinspekteur Schönbach wurde nicht wegen inakzeptabler schockierender Äußerungen bestraft, sondern wegen unerlaubter Offenlegung der wahren Position der deutschen Regierung.

24 01 2022

https://www.eurointegration.com.ua/eng/articles/2022/01/24/7133007/